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„Reiten möchtest du?“ fragte er das kleine Mädchen verdutzt… oder war diese verdutzte Miene nur Spiel. „Jaaaa, nimm mich auf deine Schultern!“ Sie streckte ihm die Arme entgegen und schloss die Augen. Er lächelte über ihre Fähigkeit, zu sagen was sie möchte. Er beneidete sie, 4 Jahre, ungestüme Jugend und ehrliche Freude in ihrem Gesicht. „So, reiten willst du also auf meinen Schultern?“ „Ja bitte!“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um näher an seine Schultern zu kommen. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und schüttelte grinsend den Kopf. „Nein.“ „Bitte, bitte, ich bin auch lieb.“ Er beugte sich ein wenig zu ihr herab, bis er ganz dicht an ihrem Ohr war. Sie schlang die Arme um seinen Hals und er flüsterte: „Man reitet aber nicht auf den Schultern.“ Er schlang plötzlich einen Arm um das kleine Mädchen, ließ sich auf die Knie fallen und schob sie auf seinen Rücken, wobei er laut rief: „Wenn, dann reitet man auf dem Rücken seines Pferds!“ Seine Hände berührten den Boden und er galoppierte los, durchs Wohnzimmer in den Flur. Weite Felder passierten die beiden, sie warf freudig die Arme in die Luft und rief: „Schneller, schneller!“ Er bäumte sich auf und wieherte laut, während sie durch den Flur in ihr Kinderzimmer galoppierten. Tiere kreuzten ihren Weg und sie winkte ihnen, Bäume, so schnell, dass das Auge sie kaum erkennen konnte, rasten an ihnen vorbei, dann erreichten sie die Burg und betraten das Kinderzimmer. Er nickte mit seinem Pferdekopf in Richtung der Waffenkammer und wieherte. Sie verstand. „Du brauchst deine Waffen, wenn du gegen den Drachen kämpfen willst.“ Auf dem Schreibtisch lagen ein Schwert, eine Maske und ein Schild aus Schaumstoff. Er trabte behutsam daneben und scharrte mit einer Hand. Sie griff über den Rand und nahm ihre Waffen… legte die glänzende Rüstung an, zog das funkelnde Schwert und hielt den mächtigen Schild vor sich. Dann drehten sie bei, durch den Flur, eine lange Schlucht voller Gefahren. Sie wichen herabfallenden Felsen aus. Immer wieder sprang er hin und her auf dem Weg, damit seine Reiterin nicht getroffen wurde. Sie passierten die Tür zum Wohnzimmer, zwei mächtige Statuen, die himmelhoch ragten und ihre Arme kreuzten sich über dem Gespann. Wieder ging die Jagd über Felder, an Bäumen vorbei bis hin ins Esszimmer, wo der böse Drache die arme Prinzessin gefangen hielt. Die Prinzessin von unglaublicher Schönheit, dass selbst das Pferd die Augen aufriss, saß auf ihrem Stuhl und war an einen Baum gefesselt. Der Esszimmertisch spie den beiden Feuer entgegen. Das Pferd wich aus, die Reiterin war unversehrt. Ihre Rüstung konnte durch Feuer nicht zerstört werden. Er bäumte sich auf und hielt sie dabei mit einem Arm fest, wieherte laut und machte einen Sprung nach vorne. Das Schaumstoffschwert glitzerte in den Strahlen der Deckenlampe, das Sonnenlicht spiegelte sich im Stahl, als es auf die Tischkante niederfuhr und dem Drachen den Kopf abhieb. Das Pferd stand still da, blähte die Nüstern und schaute zur Prinzessin. Die Reiterin sprang ab und eilte auf die Prinzessin zu, sprang in ihre Arme, kuschelte sich an ihre Mutter und löste tapfer die Seile mit denen die Prinzessin am Baum festgebunden war. Die Reiterin hatte ihre Prinzessin befreit, für das Pferd gab es nichts mehr zu tun, es bäumte sich ein letztes Mal auf, scharrte mit dem Vorderhuf und stand auf. Das kleine Mädchen streckte wieder die Arme nach ihm aus und sagte: „Noch mal, noch mal!“ Er beugte sich wieder zu ihr vor, genoss ihre Umarmung, nahm sie hoch und lächelte sie an. „Morgen, heute ist es schon spät, tapfere Ritter müssen auch schlafen, vor allem nachdem sie eine Heldentat vollbracht haben.“ Er trug sie liebevoll ins Kinderzimmer und legte sie dort auf die warme Wiese, deckte sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Wohin reiten wir morgen?“ fragte sie ihn. Er hielt in der Bewegung inne, das Licht auszuschalten, drehte sich um und sagte: „Morgen reiten wir nicht. Morgen fliegen wir.“ Sie kicherte. „Wohin?“ Er machte eine ausholende Geste und zeigte zum Fenster hinaus. „Nach Nimmerland.“ Die Sonne verschwand hinter dem Horizont und Sterne erschienen am Himmel, die ein Lied für sie sangen. Sie schlief ein und träumte von einem Land wo alle die sie liebte real waren.