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Mal schnell geschrieben für einen Kommentar auf die Diskussion "Was ist der Unterschied zwischen Emo-Stil und Goth-Stil": (ps: Das Niveau ist etwas dem Forum angeglichen) IMHO werden bei Emo vs. Goth Äpfel und Birnen verglichen, sage zumindest ich euch nach knapp 10 Jahren in letzterer Szene. Die Gothic-Szene gibts es so schon seit knapp 30 Jahren, sie hat ihren eigenen Stil entwickelt, wurde einige Male zur Modeerscheinung erklärt, einige Male für tot erklärt, ist gewachsen und geschrumpft und hat ihr Bild dadurch geändert, dass sie differenzierter und vielseitiger wurde und einige andere akzeptierte (!) Subkulturen in sich aufnahm (Industrial, EBM, teilweise div. Metalstile) und so zu einem Konglomerat "Gothic & zugehöriges" wurde. Zudem ist es eine typische MAcke der Goth-Szene, automatisch alles kommerziell erfolgreiche zu verteufeln, während jeder Goth im Laufe seines (einige Monate kurzen bis mehrere Jahrzehnte langen Szeneleben) Szenelebens verschiedene Phasen durchläuft, die sich dadurch auszeichnen, dass die jeweils früheren Phasen als "Kiddies" angesehen werden; ergo ist die gesamte Goth-Szene sehr um ihr Selbstbild und eine totale Abgrenzung zu anderem bemüht. Wichtig ist, dass es nicht mehr DEN Gothic-Stil gibt! Es gibt inzwischen dutzende definierte Stile, die auch oft kombiniert werden, jenachdem in welchen Unterbereichen der Gesamtszene man sich bewegt. Emo hingegen schmeckt für mich wesentlich kommerzieller. Im Dunstkreis der Goth-Szene tauchten Emos erst vor wenigen Jahren schön langsam auf und ersetzten Visual Kei als allgemeines Hassobjekt. IMHO ist Emo ein Produkt moderner Marketingstrategie, die sich möglichst selten vertretene Stile heraussucht (sei es in Sachen Musik, Kleidung, Haare, (Pseudo)-Lebenseinstellung) und daraus ein tolles Produkt für eine bis dato möglichst unversorgte Zielgruppe bastelt. Da die Zielgruppe Pop-und-alles-andere-bunte eh schon total überversorgt ist, zielte man auf die andere, etwas düsterere Seite der Jugendlichen ab. Weil man mit der extrem kommerzfeindlichen Goth- wie auch Punk-Szene kein Geld verdienen kann und die pubertierenden Rebellen-auf-Zeit zwischen 14 und 18 in diesen Szenen eh nicht gern gesehen werden, musste man etwas neues kreieren, das 1. keine Altersbeschränkung kennt, 2. brav genug ist um Eltern Geld aus der Tasche zu leiern und 3. weit genug von den anderen Szenen entfernt ist, dass nicht vorhandene Marken unbeabsichtigt in werden. So hat man sich stilistisch ein Stück Goth genommen, ein riesen Stück Visual Kei (das sich stilitisch eh eine Mischung aus Cosplay + Goth war), einen Packen Rockabilly und eine Prise Punk, kombinierte es mit hinreichend eigenständiger Musik (nicht so trivial wie Standard-Gitarrenpop, nicht so krass wie die div. Goth-Stile) und voila: Emo! Berührungspunkte gibt es natürlich. Man wird wohl keinen Goth älterer Bauart finden, der in Richtung Emo schlittert (allein, da er schon gehörig älter und erwachsener gewesen sein müsste, um in der Goth-Szene einen Fuß auf den Boden zu bekommen), wohl aber Emos, die sich in der Goth-Szene bewegen, bzw. es versuchen. Obwohl sie von den anderen Sub-Subkulturen der Goths nicht gern gesehen werden, bilden die Emos durch ihre bloße Anwesenheit einen nach aussen hin sichtbaren Teil der Goth-Szene, während jüngere Neulinge manchmal freudig beides vermischen. Ergo: Man kann beides absolut nicht vergleichen. Emo hat einiges von Goth geklaut, umgekehrt fühlt sich die Goth-Szene von Emos "infiltriert". Im Endeffekt wird es den selben Weg gehen, den Visual Kei schon deutlich durchschreitet: Emo wird irgendwann out sein und verschwinden (da sich die Phase seltenst über mehr als zwei, drei Jahre erstreckt, ist es auf ständigen Nachschub angewiesen), die Goths (die sowieso nie wirklich in waren) werden einige "emoisierte" Stilelemente behalten und den Rest vergessen, wie es eben jüngst mit Visual Kei passiert ist und früher z.B. mit der poppigen Seite des Wave Ende der 80er. Ende der Geschichte: In 50 Jahren wird es immernoch Goths geben, wenn auch noch wesentlich vielgestaltiger als jetzt, während Emos eine Erinnerung sein werden wie Mods oder Beatniks für uns jetzt.