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"man kann solche pedanterie als eigentümlichkeit oder als ausdruck einer verletzlichen psyche, einer neurotosierten, gestörten persönlichkeit auffassen. und in der tat nimmt diese schrulligkeit auch beängstigende züge an, wenn sie zu einem terror wird, der sich gegen kant selbst, aber auch gegen seine umgebung richtete. kant war sich selbst gegenüber von einer unglaublichen rigidität und gleichzeitig überzeugt davon - darin erfüllte sich für ihn der begriff der aufklärung - dass jeder für sich in dem maße verantwortlich ist, als er in jeder hinsicht imstande sein muss, für sich selbst zu denken. kant war deshalb ein großer freund der autotherapie - er glaubt, gestärkt durch entsprechende lektüre, sich selbst behandeln zu können (jawoll) und gehorcht oft seinen ärzten nicht. er hatte panische angst vor getier in der wohnung und stellte die theorie auf, dass sich wanzen durch den einfall von sonnenlicht vermehren: sein arbeitszimmer musste daher verdunkelt werden. er hatte eine tiefe abscheu vor allen formen von körperlichen sekreten, wie etwa schweiß - er geriet in panik, wenn er schwitze - und sekretabsonderungen im zusammenhang mit verdauung und sexualität. letztere markiert ein weiteres dunkles kapitel im leben kants. es wird gesagt, dass er nie verkehr mit einer frau hatte, wie glaubwürdig dies auch immer sein mag. wohl beabsichtigte er zwei mal zu heiraten, aber ging dabei offenbar so zögerlich, umständlich und unentschlossen vor, dass jedesmal ein konkurrent früher das ja-wort der erwählten erhielt. diese niederlage kompensierte kant mit einer theorie, nach der unverheiratete männer länger leben als verheiratete. die unmittelbare realisierung seiner ein leben lang zurückgehaltener bedürfnisse wollte er sich selbst allerdings erst im hohen alter gestatten, als seine physische verfassung dies längst nicht mehr erlaubte. nun, als greis, will er reisen unternehmen, will er kaffee trinken, nun wird er ungeduldig, wenn seine wünsche nicht sofort erfüllt werden."