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Ich sitze oft zu Hause, wenn Dämmerung beginnt, doch zünd ich die Lampe nicht an. Ich denke der Jahre, die hinter mir sind, und frage mich ehrlich sodann: Wem soll ich für das, was ich bin, dankbar sein: Der Schule? Dem Zufall? Dem Glück? Nein, mein Dank, der gebührt einer Frau ganz allein, und an sie denk ich immer zurück: Mütterlein, Mütterlein, du warst mehr als Gold und Geld. Man kann beinah sagen: Ohne dich wär ich heut nicht auf der Welt. Mütterlein, Mütterlein, oh, wie gut warst du zu mir! Pokerspielen und Motorradfahren - all das kann ich nur von dir. Nie warst du mit mir despotisch. Was du nahmst, das nahmst du schnell. Glücklich war ich und neurotisch, sorgenfrei und kriminell. Nie ließ't du mir etwas fehlen. Nein, es war dein stiller Brauch, was benötigt wird, zu stehlen - was man nicht benötigt, auch. Als ich bei Herrn Meier einbrach, zeigtest du mir jeden Schritt. Als ich mir dabei ein Bein brach, da nahmst du di e Beute mit. Messer immer scharf zu schleifen, brachtest du mir liebend bei; nie Revolver anzugreifen, außer gegen die Polizei. Mütterlein, Mütterlein, war mir je etwas nicht klar, hast du alles mir genau erklärt - nur nicht, wer mein Vater war. Warum kannst du heute nicht mehr bei mir sein? Wie gern hätt ich dich noch gehabt! Doch du brachst vor zwei Jahren in die Länderbank ein, und dabei hab'n sie dich geschnappt. Du sitzt hinter Gittern und sehnst dich heraus, und glaubst gar, man lässt dich im Stich -nein, nein! Mütterlein, Mütterlein, mach dir nichts draus: Die Länderbank knack ich für dich. Mütterlein, Mütterlein, weilst du jetzt auch fern von mir, weiß ich doch, es wird nicht lang so sein: Eines Tag's komm ich zu dir. Kinderlein, Kinderlein, darum sage ich euch heut: Habt ihr Freundes Geld: Versaufet es. Habt ihr'n Schwesterlein: Verkaufet es. Habt ihr Kinderlein: Verjaget sie. Habt ihr Ehefraun: Erschlaget sie. Doch habt ihr noch ein Mütterlein, macht ihr recht viel Freud! von: Georg Kreisler