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ES LEBE DAS MITTELMAß - ABER LEBT ES DENN?
Themen und Texte deutscher Gegenwartsautoren werden einander immer ähnlicher und unter einander immer austauschbarer. Die Literaturproduktion frönt einem Hang zum Einheitsstil, zur Gleichförmigkeit und damit auch zur Eintönigkeit.
Die Grundmuster werden kaum merklich variiert.
Einige vielbesprochene Romane aus letzter Zeit tragen Titel wie " An einem Tag wie diesem", "In diesem neuen Licht", "Woraus wir gemacht sind", "Entfernung. 31 Abschnitte" oder "Mittelmäßiges Heimweh". :lol
So wenig prägnant die Titel, so austauschbarer die Inhalte.
In Romanen diesen Typs wird das Alltagsleben der Gegenwart ethnografiert: Der Alltag ist saturiert, politischer und gesellschaftlicher Wandel wird träge ausgeblendet, die Romanhelden sind meist Lethargiker, die ihre eigene Teilnahmslosigkeit als Lebensstil kultivieren und der Stagnation einer unerfüllten Gegenwärtigkeit huldigen - schlappe Egozentriker, untätig verharrend in einer Mischung aus Provisorium und schlechten Prognosen.
All diese Romane erzählen auf mittlerem literarischen Niveau von mittelmäßigen Leuten mittleren Alters und mittleren Einkommens, die nicht recht wissen, was sie wollen.
Es geht also um das Problem der Banalität des zeitgenössischen Lebens in unseren Gesellschaften und um die Schwierigkeit von Autoren, das Elend dieser Banalität auf nicht-banale Art zur Sprache zu bringen.
An diesem Trivialitäts-Dilemma arbeiten sich nicht wenige deutsche Autoren ab.
Und dies scheint ihr ästhetisches Hauptproblem zu sein: Wie schreibt man auf nicht langweilie Art über langweilige Existenzen?
Der Sog zum Mainstream ist so stark, dass sogar die österreichische Literatur ihren lange gepflegten, sprachlich und strukturell eigenwilligen Sonderstatus verloren hat.
Autoren aus Österreich schreiben heute genauso konventionell und risikoscheu wie alle anderen.
Robert Menasses Männerroman "Don Juan de la Mancha" biedert sich zwar recht aufdringlich beim jungen Philip Roth und dessen "Portnoys Beschwerden" an, könnte aber ebenso gut in Bielefeld oder Dortmund situiert sein wie in Wien.
Je gleichförmiger die Bücher ausfallen, desto mehr müssen sich die Marketing-Strategen einfallen lassen, um sie als unverwechselbar ausrufen zu können.
Je uniformer die literarischen Praktiken, desto abwechslungsreicher die Parolen, die ihnen verpasst werden müssen, um Differenz mindestens zu stimulieren.
Je mehr sich die Literaturproduktion dem Mainstream annähert und darin aufgeht, desto einfallsreicher muss die Etikettierungspolitik sein, um das Immergleiche immer neu zu inszenieren und um Veränderungswellen und Veränderungsschübe zu behaupten, auch wo sie nicht oder kaum existieren.
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