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[right][color=#4169E1]»Jene Polypennatur der griechischen Staaten … macht jetzt einem kunstreichen Uhrwerke Platz, wo aus der Zusammenstückelung unendlich vieler, aber lebloser Teile ein mechanisches Leben im Ganzen sich bildet. Auseinandergerissen wurden jetzt der Staat und die Kirche, die Gesetze und die Sitten; der Genuss wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung geschieden. Ewig nur an ein einzelnes Bruchstück des Ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch nur als Bruchstück aus, ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohre, entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Friedrich Schiller[/size] - [url=http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber_die_%C3%A4sthetische_Erziehung_des_Menschen]Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 1795[/url][/color])[/right] »Die industrielle Gesellschaft und ihre ökonomische Daseinsform des Kapitalismus separieren und zerbrechen die Zusammenhänge im Subjekt und zwischen den Subjekten: [b]Entfremdet wird das Subjekt 1.[/b] von seiner Arbeit, deren Mehrwert ihm entrissen wird und die ihm als „Objektives, von ihm Unabhängiges, ihn durch menschenfremde Eigengesetzlichkeit Beherrschendes“ (Lukacs 1968, Seite 175) entgegentritt. [b]Entfremdet wird das Subjekt 2.[/b] von sich selbst, weil es in der rationalisierten Arbeitsteilung nur auf bestimmte einzelne Fertigkeiten reduziert wird und sich nicht mehr zu einem Ganzen bildet. [b]Entfremdet wird das Subjekt 3.[/b] von anderen Subjekten, gegen die es im Wettbewerb um den größten Profit antritt und die ihm primär nur noch als potenzielle Konkurrenten in einem Feld sozialer Machtverhältnisse in den Blick kommen. [b]Entfremdet wird das Subjekt 4.[/b] von der Vielfalt der Sachverhalte der Wirklichkeit, die sich alle tendenziell dem Blick auf das andere unter der Frage der Verwertbarkeit und des Gewinns unterordnen. [b]Entfremdet wird das Subjekt 5.[/b] vom historischen Zusammenhang seiner Tradition und damit von der Lebendigkeit der Sinnsysteme, in die es nur eingespannt ist, wenn ihm die gesellschaftliche Zeit der Kontemplation gegeben wird und es in die Verhaltensweisen nichtinstrumenteller Aneignung eingeübt ist. [b]Entfremdet wird schließlich das Subjekt 6.[/b] von der Natur von den Dingen, die ihm bloß zum Objekt der Nutzbarkeit und der Ausbeutung werden, die ihm „Geldwert“ auf abstrakte, vergleichbare, quantitative Größen reduziert und so ihm „Privateigentum“ einzig unter der Perspektive des messbaren Besitzwerts erscheinen.« ([color=#c3c3c3][size=3]Jan Ubrich[/size], [url=http://www.derblauereiter.de/]Der blaue Reiter[/url], Ausgabe 30 – Seite 13[/color]) [color=#939393]»Marx’ Ökonomiekritik entwickelt das Handeln der Akteure konsequent aus den Vergesellschaftungsbedingungen der Arbeit, aus den Verhältnissen, in die die Individuen im Rahmen der alltäglichen Re-/ Produktion ihres Lebens gesetzt sind. Diese – den Überlebenswillen der einzelnen vorausgesetzt – strukturelle Determination der Akteure, den Zwang, der aus der Vorgegebenheit von Bedingungen resultiert, aufgrund derer die Individuen sich zueinander primär über gesellschaftliche Sachen in Beziehung setzen, fasst er dabei in Begriffen wie ‘Charaktermaske’ oder ‘Personifikation’. Kennzeichnend für die Akteure als Charaktermasken des ökonomischen Prozesses sind dabei folgende Momente: [center]1. Das ‘Charakteristische’ ist nicht ausgehend von einer Person zu fassen und stellt nicht den Ausgangspunkt der Betrachtung dar, sondern entspringt der Einheit widersprüchlicher Beziehungen, polarer Gegensätze (z.B. Käufer-Verkäufer), bezeichnet Verhaltensweisen von Akteuren, die in einem spezifisch formbestimmten Verhältnis zueinander stehen. 2. Das Fungieren der Individuen als Charaktermasken, die Formbestimmtheit ihres Handelns, ist zugleich als Einschränkung und Ermöglichungsbedingung desselben zu verstehen. Mit dem Begriff der Charaktermaske fasst Marx nicht die Verbergung und Unterdrückung eines dahinterliegenden ‘wahren Individuums’, sondern die spezifisch historische Verwirklichungsbedingung/ Konstitutionsbedingung von Individualität im Kapitalismus. 3. Der Begriff der Charaktermaske ist nur sinnvoll zur Erfassung der sozialen Beziehungen in Gesellschaftsformationen, in denen persönliches und Klassenindividuum auseinander treten: Zeichnen sich vorkapitalistische Produktionsweisen dadurch aus, dass die Verhältnisse der Akteure zueinander und zu den Produktionsmitteln traditional vorherbestimmt sind, die sozialen Funktionen als Produktionsagenten untrennbar, d.h. lebenslänglich und intergenerationell mit den Menschen durch Gewaltverhältnisse und Normensysteme verbunden sind, so impliziert das Zur-Ware-Werden der Arbeitkraft einen umfassenden gesellschaftlichen Individualisierungsschub. In einem primär über Ware- Geld-Beziehungen integrierten Sozialzusammenhang wird die Bestimmung der Akteure als Klassenindividuen (d.h. hier: Produktionsagenten) zu einer Charaktermaske, „die das Subjekt aufsetzt, wenn es die Sphäre der Produktion betritt und die es abstreift, wenn es sie wieder verlässt“, was allerdings auch das Zufällig- und Äußerlichwerden ihrer Existenzbedingungen einschließt. Zwar ist also den Individuen ein „weites Feld der Wahl, Willkür und daher der formellen Freiheit gelassen“, ihre persönliche Freiheit besteht aber in dem hochgradig ambivalenten „Recht, innerhalb gewisser Bedingungen ungestört der Zufälligkeit sich erfreuen zu dürfen“, d.h. den Mechanismen und Konjunkturen des Marktes auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Ein Dilemma des bürgerlichen Subjekts besteht eben darin, dass die Verantwortung für gelingende Selbsterhaltung bei ihm als einzelnem liegt, die Verwirklichungsbedingungen der Selbsterhaltung aber seiner Kontrolle und Einflussmöglichkeit weitgehend entzogen und einem blinden Mechanismus, dem Wertgesetz, überantwortet sind. Die bürgerliche Individualitätsform ist demnach durch „persönliche Unabhängigkeit, auf sachlicher Abhängigkeit gegründet“, zu kennzeichnen. 4. Charaktermasken sind so als Ausprägung von Individualitätsformen auf dem Boden der Verdinglichung und Versachlichung gesellschaftlicher Verhältnisse zu begreifen. Die Individuen repräsentieren und personifizieren hier gesellschaftliche Dinge: Waren, Geld, Kapital usw. In den unterschiedlichen Formen sozialer Praxis nehmen sie verschiedene Charaktermasken an: Im Zirkulationsprozess handeln sie als Käufer/ Verkäufer oder Gläubiger/ Schuldner, im Produktionsprozess treten sie sich als Arbeiter und Kapitalist gegenüber, legen plötzlich völlig andere Verhaltensweisen an den Tag. Diese Deutung ist bei Marx allerdings nicht konsistent, so spricht er an einer Stelle auch von Charaktermasken feudalistischer Akteure. 5. Eine terminologische Differenzierung zwischen Charaktermaske und Personifizierung erweist sich insofern als sinnvoll, als „dass Individuen gerade in der kontinuierlichen Personifikation ökonomischer Kategorien (etwa des Kapitals oder der Ware Arbeitskraft) ihre Charaktermasken wechseln.“ So impliziert die Charaktermaske (hier = Personifikation) des Kapitalisten, die „nur dadurch an einem Menschen fest [hängt], daß sein Geld fortwährend als Kapital funktioniert“, diverse Wechsel der Charaktere: Käufer auf dem Arbeitsmarkt, Fabrikherr, Verkäufer von Waren auf dem Konsumtions- / Produktionsmittelmarkt usw. 6. ‚Charaktermaske’ ist nicht identisch mit ‚Charakter’ als psychologischer Strukturkategorie für meist unbewusste, verhaltensfundierende und affektiv geladene Einstellungen. Die Verknüpfung dieser mit jener, die emotionale Bindung der Akteure an zunächst unabhängig von ihrer psychischen Struktur durch ökonomische Zwangsgesetze aufgenötigte Verhaltensweisen, wird von Marx allerdings mit Begriffen wie ‚Selbstbeherrschung’, ‚Erziehung’, ‚Tradition’ und ‚Gewohnheit’ durchaus angedeutet, die kognitive Bejahung o.g. Verhaltenweisen in seiner Fetischtheorie sogar systematisch erklärt und ausgearbeitet. 7. Da das Handeln der Individuen im Kapitalismus primär durch anonyme Herrschaftsverhältnisse gekennzeichnet und nicht durch ihren freien Willen oder gemeinsame Absprache bestimmt ist, ist es „ethisch nicht reglementierbar“. In seiner Kritik der politischen Ökonomie geht es Marx – im Gegensatz zum konstitutionstheoretischen Individualismus der Nationalökonomie - um den Nachweis der systemischen Induziertheit kapitalismusspezifischer intersubjektiver Beziehungsformen und individueller Handlungs( ir-)rationalitäten. Eine anthropologische Fundiertheit oder individuelle Zuschreibbarkeit derselben fällt damit weg. Auf einer realhistorischen Darstellungsebene jenseits der Behandlung der allgemeinen Formbestimmungen des Kapitals spielen individuelle und ethische Aspekte für Marx aber durchaus eine wichtige Rolle.«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Ingo Elbe[/size] - [url=http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Thesen-zum-Begriff-der.html]Charaktermaske - Rote Ruhr Uni[/url][/color])[/font][/size][/center]