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[center][size=5]»Falsche Menschen«[/size] [size=4]Eine Chronik anno 2011/2012[/size][/center] [color=#6A5ACD][b][size=3]Anfang September 2011 - Erster Akt:[/size][/b] Auf einer unsäglich populären, virtuellen Plattform endet ein Kontakt dank einer Auseinandersetzung über ein Zitat irgendeines regelmäßig betrunkenen Schriftstellers, der nicht weiter besprochen werden muss. Abfolgend wird die ganze Irrationalität und Zeitverschwendung dokumentiert. (Y weiblich, X männlich)[/color] [b]Y:[/b] »[i]du hast echt gelitten mein freund. lösch mich bitte schnell. und erspar mir dein gerede. ich brech gleich. ich entscheide wer mich beleidigt.[/i]« [color=#6A5ACD]Y führt erzürnt über die Majestätsbeleidigung, die umgehende Bestrafung der unwürdigen Kreatur aus, welche sie fälschlicher und nur irrtümlicher Weise intimsten Einblick und Zutritt in ihr Pinnwandkönigreich gewährte. Enttäuscht und angewidert sties sie den Verräter also soweit fort wie es nur ging, doch was tat ihr törrichter, undankbarer und verstossener Untertan? Er wagte doch glatt dieses Sakrileg mit weiterer Kritik fortzuführen![/color] [b]X:[/b] »[i]Schön, dass Du mich gleich aus der Kontaktliste rauswirfst, wenn man mal nicht ähnlicher Ansicht ist.[/i] [...] [i]Scheinst die Oberflächlichkeit der breiten Masse doch stärker zu teilen als erwartet, echt schade, dachte hinter Deinem ganzen Getue steckt eine fundierte Lebenseinstellung.[/i]« [color=#6A5ACD]Enttäuschte Gefühle machten sich knisternd in X breit, obwohl es sich nur um eine Kleinigkeit handelte. Hatte er seine Zeit wirklich so deutlich verschwendet? Kostbare Lebenszeit! Wie konnte er sich nur einbilden Menschen aufgrund ihrer virtuellen Aktivitäten und Profile beurteilen zu wollen? Vorurteile sind das einzige was der Mensch hat, manchmal sind sie wahr, meistens falsch. Aber hier glaubte er auf der richtigen Spur zu sein. Er war offensichtlich ein Narr derart optimistisch vorzugehen, wenngleich diese Art von Irrtümern bei ihm tatsächlich eher selten vorgekommen sind. X machte sich schon längst nichts mehr aus Menschen. Alles was sie erzählten, all ihre Versprechen hielten oft keine Dämmerung aus, waren wie Rauch im Wind. Es gibt keine Seelenverwandten, keine Solidarität oder blindes Verständnis, nur blinde Illusionen, Köpfe voller Beton, unkontrollierbare Zufälle, die die Menschen zusammenwarfen und wieder auseinanderrissen, so dachte er. Und er schrieb Y noch etwas:[/color] [b]X:[/b] »[i]Warum fühlst Du dich persönlich beleidigt wenn ich Dir, im Gegensatz zu diesen ganzen Ja-Sagern und hirnverbrannten Mitläufern in Deiner Kontaktliste, offen und ehrlich sage wieviel Substanz in diesem Zitat steckt? Wieso verwirfst Du wegen einer einzigen Meinungsverschiedenheit gleich jeglichen Kontakt? Meinst du das ich Dir schaden will, obwohl wir in den zwei Gesprächen durchaus einige Übereinstimmungen hatten? Waren denn Deine ganzen Äußerungen nur hohle Phrasen? Du wirst jedenfalls niemals einen Menschen finden der alles 100 Prozent so sieht und versteht wie Du, denn jeder Mensch hat seine eigene Perspektive. Das höchse Gut in einer Freundschaft oder im Kontakt mit anderen Menschen ist daher immer die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Und genau das habe ich Dir stets entgegengebracht. Es ist nicht meine Schuld wenn Du das missverstanden hast. Dadurch wirst Du dich bloss noch isolierter fühlen und die gesamte Menschheit weiterhin für etwas verurteilen, was Du bei Dir selbst noch nichteinmal ausgeräumt hast.[/i]« [color=#6A5ACD]Es ergab keinen Sinn für X und er schien nach diesen Zeilen die Sache bereits begraben zu haben, als ihre Majestät sich dazu verleiten liess, eine Antwort darauf zu schreiben, die wie folgt lautete:[/color] [b]Y:[/b] »[i]ich hab hier oft einen kurzen draht bei[/i] [virtuelle Plattform][i], wenn man den falschen zeitpunkt erwischt mit gedanken, dann erwischt man den falschen. das hat leider überhaupt garnichts mit dir als person zutun. das ist das internet das oft falsch verstandene medium! (ich hasse es) fühl dich bitte nicht angegriffen durch diese leicht überholte/übertriebene erste reaktion. so bin ich nicht. (real, jedenfalls) ich halte es einfach für unnötig via "kommentare" in einem status sein gedankengut zu äußern. wenn du mich kennen würdest, wüsstest du was ich wirklich dazu denke. ob einem [beliebigen Schriftsteller einsetzen] zusagt oder nicht bleibt jedoch jedem selber überlassen. es ist nur ein sprachrohr,ob das nun sehr tiefgehend ist oder nicht ist auch ein anderes buch. was ich hier "sage" sind gedanken, und keine phrasen. jedenfalls wenn ich mich für ein paar momente drauf einlassen (wie wir ja schon 1-2x durchaus hatten und steigerungsfähig sind) ich sehe nach wievor potenzial in dir (auch wenn ich deine politische meinung nicht akzeptiere, aber toleriere) ... was schon viel zu sagen hat, wie ich finde. wir können gerne weiterhin "[/i][virtuelle][i] freunde" sein. ich habe überreagiert. in dem fall ist wohl eine "entschuldigung" angebracht, einfach darum weil ich nicht verbohrt bin.[/i]« [color=#6A5ACD]Die Sache erhielt also plötzlich eine überraschende Wendung. Ihre Majestät zeigte sich von ihrer warmherzigen Seite und schmierte X geradezu überschwänglich Honig um den Mund.[/color] »[i]Gut, gut[/i]«[color=#6A5ACD], dachte und sagte er,[/color] »[i]will ich mal nicht so sein und nehme die Entschuldigung an, auch wenn sie in Anführungszeichen daher kommt. Nur hoffe ich mich nicht noch einmal verladen zu lassen.[/i]« [color=#6A5ACD]Es kehrte Ruhe zwischen den beiden ein. Es folgte ein paar Wochen danach ein weiteres nettes Gespräch, das tatsächlich diese Lapalie in Vergessenheit geraten lies. Alle schienen glücklich und zufrieden. [b][size=3]Ende Januar 2012 - Zweiter Akt:[/size][/b] Auf einer unsäglich unbekannten, virtuellen Plattform kommt es zu einem zufälligen und in den letzten Wochen üblich gewordenen beiläufigen Austausch zwischen den beiden, dessen Charakter eher oberflächlich schien. Die Dialoge sind nicht präzise überliefert. Alles was bekannt ist, sind u.a. die erneuten schweren, undankbaren Majestätsbeleidungen von X. Schon wieder brachte er es fertig Y öffentlich bei einer, aus seiner Sicht berechtigten, Kritik zu unterstützen. Es ging um ihren Hang nach Zerstörung, Ablehnung, Distanz und ihre generelle Geisteshaltung. Erst war alles friedlich und plötzlich kippte die Stimmung. Knall auf Fall, geradezu willkürlich, unberechenbar und unvorhersehbar, für alle ausser Y. Sie sah sich im Recht und warf mit zischenden Kommentaren wie[/color] »[i]verweichlichte Chatboys![/i]« [color=#6A5ACD]und [/color]»[i]falsche Menschen[/i]« [color=#6A5ACD]um sich. Die kleine beiläufige Kritik, die ohnehin kaum einer außer den Dreien mitbekam, wurde zum ernsten Problem, so ernst etwas in einem albernen Chat nur sein kann! Y vernahm sie also zutiefst persönlich und reagierte mit dem üblichen Ignore-Rundumschlag, dabei blieb auch X nicht verschohnt. Mit gehangen mit gefangen, wer ihre Sympathien derart offensichtlich missbilligte und das schon zum zweiten Mal, wie sie selbst empört aussties, sowas konnte kein Zufall sein, soetwas musste böswillige Ketzerei sein, um sie völlig zu vernichten! Sie schritt ohne sich überhaupt ernsthaften Diskussionen zu stellen, was z.B. ihrer Ansicht nach mit "verweichlicht" oder "falsch" gemeint sein könnte, zur Tat, blockierte und ignorierte, aber nicht ohne X vorher folgendes entgegen zu spucken:[/color] »[i]Hör auf zu atmen![/i]«. [color=#6A5ACD]Sie wollte wohl damit zum Ausdruck bringen, wie stark sie über ihn, den Menschen und dem Leben generell stand und wie sehr sie all das von ihrer hohen, gottgleichen Position verachtete. Verwundert sah sich X um, was war geschehen? Sass er in einer Art Zeitschleife? War er Zeitreisender wider Willen? Er hatte den Eindruck ein Déjà-vu erlebt zu haben. Wie konnte derselbe Schwachsinn erneut geschehen? Hatten wir das nicht alles schon längst geklärt? Während sich X verwirrt den Kopf rieb, dachte Y triumpierend über ihr Handeln nach: [/color]»[i]Das hat gesessen! Den bin ich los![/i]«, [color=#6A5ACD]dachte sie. [/color]»[i]Der wird sich zwei Mal überlegen, bevor er sich mit mir anlegt, haha! Ich bin es![/i]«. [color=#6A5ACD]Zumindest glaubt man das, sie könnte auch gar nichts gedacht haben, sie verliess jedenfalls mit hochrotem Kopf rasch den Ort des Geschehens und wart nicht mehr gesehen. Y hatte X genauso behandelt wie hunderte anonyme Menschen zuvor, trotz der längeren, anregenden Gespräche, die sie mit ihm geführt hatte. Sie schmiss ihn aufgrund einer verschwindend geringen, sachlichen Anmerkung, was ihr Ganzes handeln geradezu willkürlich erscheinen lies, aus ihrem virtuellen Leben. Sie tilgte diesen jemand aus ihrem virtuellen Leben, selbst aus unbedeutenden Weblogs, damit bloss keiner irgendeine Verbindung zu ihm und ihrer Würdigung seiner Äußerungen herstellen konnte. So wie sie es bereits zuvor getan hatte. Dabei hatte sie überhaupt nicht den Gegenstand der Kritik begriffen und beging absolut denselben Fehler, wie an dem lauen Septemberabend im vorherigen Jahr. Sie verstiess jemanden, den sie nach eigenem Bekunden irgendwann und irgendwie schätzte, ohne fundierte Gründe anführen zu können. Das ist personifizierte Irrationalität. Ablehnung ohne Argument. Vorurteile die nichts mit der Realität zutun haben, bestimmen über die Realität. X wird es nun wohl grundsätzlich und endgültig ablehnen längere Gespräche mit irgendwem zu führen. Er sieht sich ein weiteres Stückchen bestätigt, dass es im Internet keine Freunde gibt und jede Unterhaltung mit irgendwelchen Menschen Zeitverschwendung ist, auch wenn sie einem noch so neckisch zu prosten. Jeder kann dich hinzufügen und entfernen wie er lustig ist, deshalb hat keine persönliche Äußerung im Internet soviel Wert wie selbige Äußerungen in der Realität, wenngleich man dort unter Umständen genauso oberflächlich und irrational abgefertigt wird. Menschen lassen sich im Internet noch schlechter beurteilen, da sie hier ihre aufgesetzte Scharade perfektionieren und ständig aufrechterhalten können. Ihre Äußerungen sind so auswechselbar wie ihre Kontaktlisten und Profile. Wie lautet also die Moral von der Geschicht? Gechatte im Internet lohnt sich nich.

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[size=3][font=n][color=#939393]»In Bahnhofshallen und vor Bankschaltern, in Spitälern und auf Flugplätzen, an Straßenbahnhaltestellen und in Restaurants, in Amtsstuben, an Grenzübergängen und in Leichenhallen siehst du die Menschen warten, gelangweilt oder heiter, trübsinnig oder zukunftsgläubig, ungeduldig oder apathisch, du siehst sie warten und denkst: die warten auch. Aber das ist dir kein Trost. Du willst dein Leben nicht verwarten wie sie, du willst es nicht in den tiefen Schlund der Zeit werfen – Adieu, auf Nimmerwiedersehen –, du willst es in die Hand nehmen, du willst jede Sekunde nützen, wie es sich gehört. Und dann wartest du, genauso wie die anderen. Du wartest auf ein Bier, eine Suppe, einen Braten, einen Kaffee, du wartest auf den Abend, auf ein Mädchen, auf den Beischlaf, auf den Schlaf. Du wartest auf morgen, du wartest auf das Geld, das nie ankommt, wenn du es erwartest, du wartest auf die Liebe, auf einen Freund, einen Brief, auf ein Wort, du wartest auf den Sommer und auf den Winter, du wartest immer, du wartest. daß jemand deinen Trödlerladen betritt und dir etwas abkauft, einen Alten Stuhl mit nur drei Beinen, einen blinden Spiegel oder eine zerbrochene Vase, du wartest, daß es einmal besser wird, du wartest, daß etwas geschieht, was deinem Leben wieder einen Sinn geben könnte, du wartest auf Glück, du wartest auf Gnade, du wartest auf Segen, auf Milde und Verständnis und Vergebung, du wartest auf die Stunde deines Todes, du wartest auf die Auferstehung, aber du wartest vergeblich. Du gehörst nicht zu denen, die auferstehen werden; sollten jemals welche auferstehen, du wirst nicht dabei sein. Du warst, du bist, aber du wirst nicht sein. Du wartest umsonst.«[/color][/font][/size] ([color=#c3c3c3][size=3]Dor, Milo: Die weiße Stadt. Wien 1994, S. 114-115[/color][/size])

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[size=3][font=n][color=#939393][b]Gaus:[/b] »[…] [i]Herr Dutschke, Sie wollen die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik verändern. Alles soll von Grund auf anders werden. Warum?[/i]« [b]Dutschke:[/b] »Ja, 1918, um damit zu beginnen, erkämpften die deutschen Arbeiter- und Soldatenräte den 8-Stunden-Tag. 1967 arbeiten unsere Arbeiterinnen und Arbeiter und Angestellten lumpige vier, fünf Stunden weniger pro Woche. Und das bei einer ungeheuren Entfaltung der Produktivkräfte, der technischen Errungenschaften, die eine wirklich sehr, sehr große Arbeitszeitreduzierung bringen könnten, aber im Interesse der Aufrechterhaltung der bestehenden Herrschaftsordnung wird die Arbeitszeitverkürzung, die historisch möglich geworden ist, hintangehalten, um Bewußtlosigkeit, das hat etwas mit der Länge der Arbeitszeit zu tun, aufrechtzuerhalten. Ein Beispiel: Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ununterbrochen das Gerede der Regierungen über Wiedervereinigung. Nun haben wir schon 20 und mehr Jahre keine Wiedervereinigung, wir haben aber systematisch immer wieder Regierungen bekommen, die man gewissermaßen bezeichnen könnte als institutionalisierte Lügeninstrumente, Instrumente der Halbwahrheit, der Verzerrung, dem Volk wird nicht die Wahrheit gesagt. Es wird kein Dialog mit den Massen hergestellt, kein kritischer Dialog, der erklären könnte, was in dieser Gesellschaft los ist. Wie es plötzlich mit dem Ende des Wirtschaftswunders zustande kam, warum die Wiedervereinigungsfragen nicht vorankommen? Man spricht von menschlichen Erleichterungen im Verkehr und meint Aufrechterhaltung der politischen Herrschaft.« [b]Gaus:[/b] »[i]Warum meinen Sie, Herr Dutschke, dass die Veränderungen, die Sie wünschen, durch Mitarbeit in den bestehenden Parteien nicht erreicht werden kann?[/i]« [b]Dutschke:[/b] »Es gibt eine lange Tradition der Parteien, in der sozialdemokratischen, der konservativen, den liberalen Parteien; ohne die jetzt geschichtlich aufzurollen, haben wir nach 1945 eine sehr klare Entwicklung der Parteien, wo die Parteien nicht mehr Instrumente sind, um das Bewußtsein der Gesamtheit der Menschen in dieser Gesellschaft zu heben, sondern nur noch Instrumente, um die bestehende Ordnung zu stabilisieren, einer bestimmten Apparatschicht von Parteifunktionären es zu ermöglichen, sich aus dem eigenen Rahmen zu reproduzieren, und so also die Möglichkeiten, dass von unten Druck nach oben und Bewußtsein nach oben sich durchsetzen könnte, qua Institution der Parteien schon verunmöglicht wurde. Ich meine, viele Menschen sind nicht mehr bereit, in den Parteien mitzuarbeiten, und auch diejenigen, die noch zur Wahl gehen, haben ein großes Unbehagen über die bestehenden Parteien. Und …bauen sie noch ein Zwei-Parteien-System, und dann ist es endgültig vorbei.«[/color][/font][/size] Und im späteren Verlauf des Gespräches: [size=3][font=n][color=#939393][b]Gaus:[/b] »[i]Warum treten Sie aus der Politik nicht aus? Wäre das nicht ein größeres Mitleid mit den armen Teufeln, mit den Menschen, für die Sie so schreckliche Zeiten heraufkommen sehen? Warum sagen Sie nicht: Wir können es nicht ändern, laß es doch laufen![/i]« [b]Dutschke:[/b] »Wir können es ändern. Wir sind nicht hoffnungslose Idioten der Geschichte, die unfähig sind, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Das haben sie uns jahrhundertelang eingeredet. Viele geschichtliche Zeichen deuten darauf hin, dass die Geschichte einfach nicht ein ewiger Kreisel ist, wo nur immer das Negative triumphieren muss. Warum sollen wir vor dieser geschichtlichen Möglichkeit Halt machen und sagen: Steigen wir aus, wir schaffen es doch nicht. Irgendwann geht es mit dieser Welt zu Ende. Ganz im Gegenteil. Wir können eine Welt gestalten, wie sie die Welt noch nie gesehen hat, eine Welt, die sich auszeichnet, keinen Krieg mehr zu kennen, keinen Hunger mehr zu haben, und zwar in der ganzen Welt. Das ist unsere geschichtliche Möglichkeit – und da aussteigen? Ich bin kein Berufspolitiker, aber wir sind Menschen, die nicht wollen, dass diese Welt diesen Weg geht, darum werden wir kämpfen und haben wir angefangen zu kämpfen.« [/color][/font][/size]([color=#c3c3c3][size=3]Gespräch zwischen Günter Gaus und Rudi Dutschke in der Sendereihe „Zu Protokoll“ am 3. Dezember 1967 [/color][/size])

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[size=3][font=n][color=#939393]»Im Leben des Durchschnittsmenschen unserer Zeit ist das Begehen der paar allgemein gefeierten hohen Festtage eigentlich das einzige Zugeständnis ans Ideale. Er begeht die Neujahrsfeier mit einem Kopfschütteln oder sentimentalen Seufzer über die Vergänglichkeit des Lebens, die schnelle Flucht der Zeit, er feiert Ostern und Pfingsten als Feste des Frühlings- und Neuwerdens, Allerseelen mit einem Gräberbesuch. Und Weihnacht feiert er, indem er sich einen oder ein paar Ruhetage gönnt, der Frau ein neues Kleid und den Kindern ein paar Spielsachen schenkt. Mancher hat auch eine vorübergehende, resignierte Freude am Jubel der Kleinen; er betrachtet den glänzenden Christbaum mit halb wehmütiger Erinnerung an die eigene Kinderzeit und denkt beim Anblick seiner beschenkten und fröhlichen Kinder: Ja, freut euch ,nur und geniesst es, bald genug wird das Leben euch die Freude und Unschuld nehmen. Er fragt nicht: Ja, warum denn eigentlich? Warum scheint es mir selbstverständlich, dass »das Leben« eine böse Macht ist, die aus dem Kinderlande in Schuld, Enttäuschung und ungeliebte Arbeit führt? Warum soll Freude und Unschuld diesem »Leben« notwendig zum Opfer fallen? An dem Tage aber, wo er wirklich so fragt, hat er aufgehört, ein Durchschnittsmensch zu sein und hat den ersten Schritt zu einem neuen Leben getan. Und wenn er diesen Weg weiter geht, so wird ihm künftig jeder Tag seines Lebens wertvoller, inhaltreicher und bedeutender sein, als es ihm früher alle Festtage mit ihrem vergänglichen Schimmer und ihrem halbwahren bisschen Nachdenklichkeit gewesen sind. Er wird einsehen, dass es nicht »das Leben« war, das ihm Unschuld, Freude und Ideale genommen hat, und dass es unrecht und lächerlich war, das Leben dafür anzuklagen. Denn er war es selber, der sich betrog. Denn es gibt keine »Notwendigkeit« und keinen »Zug der Zeit«, der den einzelnen nötigen könnte, materielle Güter den geistigen, vergängliche den unvergänglichen vorzuziehen. Wer diese entscheidende Wahl getan hat, darf niemand als sich selbst dafür verantwortlich machen. »Ach was«, entgegnet ihr, »unsere Zeit ist nun eben nicht ideal und wir können sie und uns nicht anders machen.« Ja, das ist eben die alte Phrase, die einer dem anderen nachschwatzt und die jeder meint, glauben zu müssen. Unsere Zeit sei nicht ideal! Warum nicht? Weil der Gelderwerb auffallender, rücksichtsloser und geschmackloser betrieben wird als früher? Aber es ist die Frage, wie man später einmal unsere Zeit beurteilen wird. Ich glaube sehr, man wird nicht sagen: es war die Zeit, da die Kohlen teurer waren, die Zeit, da der Druckknopf und die Wellenbadschaukel erfunden wurden, die Zeit der letzten Postwagen und der ersten Elektrischen. Sondern ich glaube, weit eher wird man sagen: es war die Zeit vieler Dichter, die Zeit vieler und starker religiöser Bewegungen. Das alles, was euch heute als ein angenehmer Zeitvertreib und Luxus erscheint, ja, was viele von euch schlechthin Narrheit und Schwärmerei nennen, das wird überbleiben und existieren und Wert und Geltung haben, wenn euer ganzer bitterer, ernsthafter Krieg um den Geldsack längst, längst vergessen ist. Kennt ihr nicht Weihnachten, das Fest der Liebe? das Fest der Freude? Anerkennt ihr die Liebe und die Freude also nicht als hohe Mächte, denen ihr besondere, heilige, vom Staat geschützte Festtage feiert? Aber wie sieht es denn bei uns mit der Liebe und mit der Freude aus? Um ein paar Tage oder höchstens Wochen im Jahr ein bisschen Freude zu haben, bringt ihr dreiviertel eures Lebens im Staub und Schweiss einer freudlosen Arbeit zu, die nicht adelt, sondern niederdrückt. Und wenn ihr dessen müde seid und ein Hunger nach Licht und Freude euch ergreift, so haben die allermeisten von euch sie nicht in sich selber zu holen, sondern müssen sie kaufen – im Theater, im Tingeltangel, in der Kneipe. Und wie steht es mit der Liebe? Der Mann, der zehn bis zwölf Stunden für den Gelderwerb, zwei bis vier für Kneipe oder anderes Vergnügen opfert, hat für Frau und Kinder, Brüder und Schwestern nur Augenblicke übrig. Es ist ein merkwürdiges, doch einfaches Geheimnis der Lebensweisheit aller Zeiten, dass jede kleinste selbstlose Hingabe, jede Teilnahme, jede Liebe uns reicher macht, während jede Bemühung um Besitz und Macht uns Kräfte raubt und ärmer werden lässt. Das haben die Inder gewusst und gelehrt, und dann die weisen Griechen, und dann Jesus, dessen Fest wir jetzt feiern, und seither noch Tausende von Weisen und Dichtern, deren Werke die Zeiten überdauern, während Reiche und Könige ihrer Zeit verschollen und vergangen sind. Ihr mögt es mit Jesus halten oder mit Plato, mit Schiller oder mit Spinoza, überall ist das die letzte Weisheit, dass weder Macht noch Besitz noch Erkenntnis selig macht, sondern allein die Liebe. Jedes Selbstlossein, jeder Verzicht aus Liebe, jedes tätige Mitleid, jede Selbstentäusserung scheint ein Weggeben, ein Sichberauben, und ist doch ein Reicherwerden und Grösserwerden, und ist doch der einzige Weg, der vorwärts und aufwärts führt. Es ist ein altes Lied und ich bin ein schlechter Sänger und Prediger, aber Wahrheiten veralten nicht und sind stets und überall wahr, ob sie nun in einer Wüste gepredigt, in einem Gedicht gesungen oder in einer Zeitung gedruckt werden.«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Hermann Hesse[/size] - Kurze Prosa zu Weihnachten – 1907[/color])

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[size=3][font=n][color=#939393]»Umtausch nicht gestattet. - Die Menschen verlernen das Schenken. Der Verletzung des Tauschprinzips haftet etwas Widersinniges und Unglaubwürdiges an; da und dort mustern selbst Kinder mißtrauisch den Geber, als wäre das Geschenk nur ein Trick, um ihnen Bürsten oder Seife zu verkaufen. Dafür übt man charity, verwaltete Wohltätigkeit, die sichtbare Wundstellen der Gesellschaft planmäßig zuklebt. In ihrem organisierten Betrieb hat die menschliche Regung schon keinen Raum mehr, ja die Spende ist mit Demütigung durch Einteilen, gerechtes Abwägen, kurz durch die Behandlung des Beschenkten als Objekt notwendig verbunden. Noch das private Schenken ist auf eine soziale Funktion heruntergekommen, die man mit widerwilliger Vernunft, unter sorgfältiger Innehaltung des ausgesetzten Budgets, skeptischer Abschätzung des anderen und mit möglichst geringer Anstrengung ausführt. Wirkliches Schenken hatte sein Glück in der Imagination des Glücks des Beschenkten. Es heißt wählen, Zeit aufwenden, aus seinem Weg gehen, den anderen als Subjekt denken: das Gegenteil von Vergeßlichkeit. Eben dazu ist kaum einer mehr fähig. Günstigenfalls schenken sie, was sie sich selber wünschten, nur ein paar Nuancen schlechter. Der Verfall des Schenkens spiegelt sich in der peinlichen Erfindung der Geschenkartikel, die bereits darauf angelegt sind, daß man nicht weiß, was man schenken soll, weil man es eigentlich gar nicht will. Diese Waren sind beziehungslos wie ihre Käufer. Sie waren Ladenhüter schon am ersten Tag. Ähnlich der Vorbehalt des Umtauschs, der dem Beschenkten bedeutet: hier hast du deinen Kram, fang damit an, was du willst, wenn dir's nicht paßt, ist es mir einerlei, nimm dir etwas anderes dafür. Dabei stellt gegenüber der Verlegenheit der üblichen Geschenke ihre reine Fungibilität auch noch das Menschlichere dar, weil sie dem Beschenkten wenigstens erlaubt, sich selber etwas zu schenken, worin freilich zugleich der absolute Widerspruch zum Schenken gelegen ist. Gegenüber der größeren Fülle von Gütern, die selbst dem Armen erreichbar sind, könnte der Verfall des Schenkens gleichgültig, die Betrachtung darüber sentimental scheinen. Selbst wenn es jedoch im Überfluß überflüssig wäre - und das ist Lüge, privat so gut wie gesellschaftlich, denn es gibt keinen heute, für den Phantasie nicht genau das finden könnte, was ihn durch und durch beglückt -, so blieben des Schenkens jene bedürftig, die nicht mehr schenken. Ihnen verkümmern jene unersetzlichen Fähigkeiten, die nicht in der Isolierzelle der reinen Innerlichkeit, sondern nur in Fühlung mit der Wärme der Dinge gedeihen können. Kälte ergreift alles, was sie tun, das freundliche Wort, das ungesprochen, die Rücksicht, die ungeübt bleibt. Solche Kälte schlägt endlich zurück auf jene, von denen sie ausgeht. Alle nicht entstellte Beziehung, ja vielleicht das Versöhnende am organischen Leben selber, ist ein Schenken. Wer dazu durch die Logik der Konsequenz unfähig wird, macht sich zum Ding und erfriert.«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Theodor W. Adorno[/size] - Minima Moralia - 21. Aphorismus[/color])

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[right][color=#4169E1]»Jene Polypennatur der griechischen Staaten … macht jetzt einem kunstreichen Uhrwerke Platz, wo aus der Zusammenstückelung unendlich vieler, aber lebloser Teile ein mechanisches Leben im Ganzen sich bildet. Auseinandergerissen wurden jetzt der Staat und die Kirche, die Gesetze und die Sitten; der Genuss wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung geschieden. Ewig nur an ein einzelnes Bruchstück des Ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch nur als Bruchstück aus, ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohre, entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Friedrich Schiller[/size] - [url=http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber_die_%C3%A4sthetische_Erziehung_des_Menschen]Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 1795[/url][/color])[/right] »Die industrielle Gesellschaft und ihre ökonomische Daseinsform des Kapitalismus separieren und zerbrechen die Zusammenhänge im Subjekt und zwischen den Subjekten: [b]Entfremdet wird das Subjekt 1.[/b] von seiner Arbeit, deren Mehrwert ihm entrissen wird und die ihm als „Objektives, von ihm Unabhängiges, ihn durch menschenfremde Eigengesetzlichkeit Beherrschendes“ (Lukacs 1968, Seite 175) entgegentritt. [b]Entfremdet wird das Subjekt 2.[/b] von sich selbst, weil es in der rationalisierten Arbeitsteilung nur auf bestimmte einzelne Fertigkeiten reduziert wird und sich nicht mehr zu einem Ganzen bildet. [b]Entfremdet wird das Subjekt 3.[/b] von anderen Subjekten, gegen die es im Wettbewerb um den größten Profit antritt und die ihm primär nur noch als potenzielle Konkurrenten in einem Feld sozialer Machtverhältnisse in den Blick kommen. [b]Entfremdet wird das Subjekt 4.[/b] von der Vielfalt der Sachverhalte der Wirklichkeit, die sich alle tendenziell dem Blick auf das andere unter der Frage der Verwertbarkeit und des Gewinns unterordnen. [b]Entfremdet wird das Subjekt 5.[/b] vom historischen Zusammenhang seiner Tradition und damit von der Lebendigkeit der Sinnsysteme, in die es nur eingespannt ist, wenn ihm die gesellschaftliche Zeit der Kontemplation gegeben wird und es in die Verhaltensweisen nichtinstrumenteller Aneignung eingeübt ist. [b]Entfremdet wird schließlich das Subjekt 6.[/b] von der Natur von den Dingen, die ihm bloß zum Objekt der Nutzbarkeit und der Ausbeutung werden, die ihm „Geldwert“ auf abstrakte, vergleichbare, quantitative Größen reduziert und so ihm „Privateigentum“ einzig unter der Perspektive des messbaren Besitzwerts erscheinen.« ([color=#c3c3c3][size=3]Jan Ubrich[/size], [url=http://www.derblauereiter.de/]Der blaue Reiter[/url], Ausgabe 30 – Seite 13[/color]) [color=#939393]»Marx’ Ökonomiekritik entwickelt das Handeln der Akteure konsequent aus den Vergesellschaftungsbedingungen der Arbeit, aus den Verhältnissen, in die die Individuen im Rahmen der alltäglichen Re-/ Produktion ihres Lebens gesetzt sind. Diese – den Überlebenswillen der einzelnen vorausgesetzt – strukturelle Determination der Akteure, den Zwang, der aus der Vorgegebenheit von Bedingungen resultiert, aufgrund derer die Individuen sich zueinander primär über gesellschaftliche Sachen in Beziehung setzen, fasst er dabei in Begriffen wie ‘Charaktermaske’ oder ‘Personifikation’. Kennzeichnend für die Akteure als Charaktermasken des ökonomischen Prozesses sind dabei folgende Momente: [center]1. Das ‘Charakteristische’ ist nicht ausgehend von einer Person zu fassen und stellt nicht den Ausgangspunkt der Betrachtung dar, sondern entspringt der Einheit widersprüchlicher Beziehungen, polarer Gegensätze (z.B. Käufer-Verkäufer), bezeichnet Verhaltensweisen von Akteuren, die in einem spezifisch formbestimmten Verhältnis zueinander stehen. 2. Das Fungieren der Individuen als Charaktermasken, die Formbestimmtheit ihres Handelns, ist zugleich als Einschränkung und Ermöglichungsbedingung desselben zu verstehen. Mit dem Begriff der Charaktermaske fasst Marx nicht die Verbergung und Unterdrückung eines dahinterliegenden ‘wahren Individuums’, sondern die spezifisch historische Verwirklichungsbedingung/ Konstitutionsbedingung von Individualität im Kapitalismus. 3. Der Begriff der Charaktermaske ist nur sinnvoll zur Erfassung der sozialen Beziehungen in Gesellschaftsformationen, in denen persönliches und Klassenindividuum auseinander treten: Zeichnen sich vorkapitalistische Produktionsweisen dadurch aus, dass die Verhältnisse der Akteure zueinander und zu den Produktionsmitteln traditional vorherbestimmt sind, die sozialen Funktionen als Produktionsagenten untrennbar, d.h. lebenslänglich und intergenerationell mit den Menschen durch Gewaltverhältnisse und Normensysteme verbunden sind, so impliziert das Zur-Ware-Werden der Arbeitkraft einen umfassenden gesellschaftlichen Individualisierungsschub. In einem primär über Ware- Geld-Beziehungen integrierten Sozialzusammenhang wird die Bestimmung der Akteure als Klassenindividuen (d.h. hier: Produktionsagenten) zu einer Charaktermaske, „die das Subjekt aufsetzt, wenn es die Sphäre der Produktion betritt und die es abstreift, wenn es sie wieder verlässt“, was allerdings auch das Zufällig- und Äußerlichwerden ihrer Existenzbedingungen einschließt. Zwar ist also den Individuen ein „weites Feld der Wahl, Willkür und daher der formellen Freiheit gelassen“, ihre persönliche Freiheit besteht aber in dem hochgradig ambivalenten „Recht, innerhalb gewisser Bedingungen ungestört der Zufälligkeit sich erfreuen zu dürfen“, d.h. den Mechanismen und Konjunkturen des Marktes auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Ein Dilemma des bürgerlichen Subjekts besteht eben darin, dass die Verantwortung für gelingende Selbsterhaltung bei ihm als einzelnem liegt, die Verwirklichungsbedingungen der Selbsterhaltung aber seiner Kontrolle und Einflussmöglichkeit weitgehend entzogen und einem blinden Mechanismus, dem Wertgesetz, überantwortet sind. Die bürgerliche Individualitätsform ist demnach durch „persönliche Unabhängigkeit, auf sachlicher Abhängigkeit gegründet“, zu kennzeichnen. 4. Charaktermasken sind so als Ausprägung von Individualitätsformen auf dem Boden der Verdinglichung und Versachlichung gesellschaftlicher Verhältnisse zu begreifen. Die Individuen repräsentieren und personifizieren hier gesellschaftliche Dinge: Waren, Geld, Kapital usw. In den unterschiedlichen Formen sozialer Praxis nehmen sie verschiedene Charaktermasken an: Im Zirkulationsprozess handeln sie als Käufer/ Verkäufer oder Gläubiger/ Schuldner, im Produktionsprozess treten sie sich als Arbeiter und Kapitalist gegenüber, legen plötzlich völlig andere Verhaltensweisen an den Tag. Diese Deutung ist bei Marx allerdings nicht konsistent, so spricht er an einer Stelle auch von Charaktermasken feudalistischer Akteure. 5. Eine terminologische Differenzierung zwischen Charaktermaske und Personifizierung erweist sich insofern als sinnvoll, als „dass Individuen gerade in der kontinuierlichen Personifikation ökonomischer Kategorien (etwa des Kapitals oder der Ware Arbeitskraft) ihre Charaktermasken wechseln.“ So impliziert die Charaktermaske (hier = Personifikation) des Kapitalisten, die „nur dadurch an einem Menschen fest [hängt], daß sein Geld fortwährend als Kapital funktioniert“, diverse Wechsel der Charaktere: Käufer auf dem Arbeitsmarkt, Fabrikherr, Verkäufer von Waren auf dem Konsumtions- / Produktionsmittelmarkt usw. 6. ‚Charaktermaske’ ist nicht identisch mit ‚Charakter’ als psychologischer Strukturkategorie für meist unbewusste, verhaltensfundierende und affektiv geladene Einstellungen. Die Verknüpfung dieser mit jener, die emotionale Bindung der Akteure an zunächst unabhängig von ihrer psychischen Struktur durch ökonomische Zwangsgesetze aufgenötigte Verhaltensweisen, wird von Marx allerdings mit Begriffen wie ‚Selbstbeherrschung’, ‚Erziehung’, ‚Tradition’ und ‚Gewohnheit’ durchaus angedeutet, die kognitive Bejahung o.g. Verhaltenweisen in seiner Fetischtheorie sogar systematisch erklärt und ausgearbeitet. 7. Da das Handeln der Individuen im Kapitalismus primär durch anonyme Herrschaftsverhältnisse gekennzeichnet und nicht durch ihren freien Willen oder gemeinsame Absprache bestimmt ist, ist es „ethisch nicht reglementierbar“. In seiner Kritik der politischen Ökonomie geht es Marx – im Gegensatz zum konstitutionstheoretischen Individualismus der Nationalökonomie - um den Nachweis der systemischen Induziertheit kapitalismusspezifischer intersubjektiver Beziehungsformen und individueller Handlungs( ir-)rationalitäten. Eine anthropologische Fundiertheit oder individuelle Zuschreibbarkeit derselben fällt damit weg. Auf einer realhistorischen Darstellungsebene jenseits der Behandlung der allgemeinen Formbestimmungen des Kapitals spielen individuelle und ethische Aspekte für Marx aber durchaus eine wichtige Rolle.«[/color] ([color=#c3c3c3][size=3]Ingo Elbe[/size] - [url=http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Thesen-zum-Begriff-der.html]Charaktermaske - Rote Ruhr Uni[/url][/color])[/font][/size][/center]

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[size=3][font=n][color=#939393]»Aber was heißt eigentlich allein sein? Du kannst mit einem Kerl oder einer Frau oder sogar mit Kindern leben und trotzdem bist du ganz allein. Ja, ich bin allein und sie auch. Man kommt allein auf die Welt, man lebt allein, man stirbt allein. Allein, immer allein, sogar beim vögeln ist man allein, allein mit seinem Fleisch. Allein auf dem Weg durch einen Tunnel. Ein Weg den man mit niemandem teilen kann und je älter man wird, desto mehr ist man allein. Mit ein paar Erinnerungen an ein Leben, dass sich nach und nach zerstört.« »Liebe, Freundschaft, alles Quatsch. Das sind Illusionen, die man versucht aufrecht zu erhalten, um nicht zugeben zu müssen, dass alle zwischenmenschlichen Beziehungen reines Geschäft sind. Wir sprechen von Freundschaft und Liebe, aber aus Berechnung. Es kommt uns gelegen. Die Realität ist käuflich.« »Entweder du wirst mit einem Schwanz geboren, dann sollst du dich wie ein guter harter Schwanz benehmen und Löcher stopfen. Oder du wirst mit einem Loch geboren, dann bist du nur nützlich wenn du dich stopfen lässt. Aber egal wie, du bist immer allein.« »Deine Mutter liebst du, weil sie dich ernährt und verhindert dass du stirbst. Deinen Freund liebst du, weil er dir Arbeit verschafft und verhindert dass du stirbst. Und deine Dicke liebst du weil sie für dich kocht, mit dir vögelt und dir Kinder in die Welt setzt, die dich beschützen sollen, wenn du alt bist und Angst vor dem Sterben hast. Aber es reicht, sein Kind einmal zu ohrfeigen, damit es sich rächt, wenn du alt bist. Eigentlich kommt ihm diese Ohrfeige gelegen. Wenn es dich dann ins Heim steckt, wird sie ihm als Ausrede dienen, um das natürliche Desinteresse zu verbergen, das jeder seinem Erzeuger gegenüber empfindet. Nein, dieses Baby, das man mir da aufhalsen will, das werde ich nicht lieben - und ich bin sicher, dass das auf Gegenseitigkeit beruht.« »Nein, Vögeln ist kein gutes Geschäft. Es kommt einen zu teuer. Aber es ist ein Zeitvertreib. Und wenn man keinen Bock hat mehr zu vögeln, dann wird einem klar das man in diesem Leben nichts mehr verloren hat und das es nie was anderes in diesem scheiß Leben gab. Nichts als dieses Reproduktionsprogramm was in unsere Eingeweide gespeichert ist.« »Letztendlich ist der Tod keine große Sache. Man macht ein Riesen Geschiss daraus, aber wenn du's aus der Nähe siehst, ist es nichts. Nur ein Körper ohne Leben. Bei den Menschen ist es wie bei den Tieren. Man liebt sie, man begräbt sie und dann ist es vorbei.« »Das Leben ist wie ein Tunnel. Jeder hat seinen kleinen Tunnel, aber am Ende des Tunnels gibt es kein Licht. Es gibt gar nichts mehr. Das Leben ist eine große Leere. Das war´s schon immer und das wird’s auch immer bleiben. Eine große Leere, die genauso gut auch ohne mich ablaufen könnte. Ich habe keine Lust mehr auf dieses Spiel. Ich will nicht mehr. Ich will etwas eigenes, intensives leben. Ich will nicht mehr irgendeine auswechselbare Schraube in dieser Maschine sein. Ich will bei meinem Tod nicht das Gefühl haben, denselben Blödsinn gelebt zu haben wie die Millionen Idioten die diesen Planeten bevölkern. Es ist einfach ein scheiß Gefühl das auch noch das letzte Arschloch dasselbe gelebt hat wie ich. Ich weiß nicht. Ich muss irgend ein Argument finden, eine Ausrede , irgendwas damit ich Lust bekomme noch 20 Jahre bis zu meinem Tod durchzuhalten. Tja, wenn ich nochmal von vorne anfangen könnte, sollte ich vielleicht Pornofilme drehen. Die Leute die das machen, die haben uns Menschen wirklich begriffen.« »Verdammt, keine Kohle zu haben ist hart aber wenn du dann auch noch keinen hast auf den du zählen kannst! Du kannst denen erzählen dass du Familienvater bist, deinen eigenen Laden hattest und immer korrekt warst, all das ist dem Wichser vom Hotel deinen sogenannten Freunden oder dem Wirt von der Kneipe an der Ecke scheißegal. Wenn du kein Geld hast, setzen sie dich vor die Tür und das tun sie auch noch auf die erniedrigenste Art. Statt jemandem zu helfen der gerade in der Scheiße sitzt lecken sie lieber das Arschloch eines reichen Fettsacks in der Hoffnung auf ein kleines Trinkgeld. Sie haben alle den Mund voller Scheiße! Da bin ich lieber arm aber anständig.« »Weißt du was das ist, Moral? Ich werd’ dir sagen, was Moral ist. Moral ist was für die, die sie gepachtet haben. Das sind die Reichen. Wer sind die, die immer Recht bekommen? Das sind auch die Reichen und die Armen gehen leer aus.« »Krawattenärsche. Wenn du die Luft nicht bezahlen kannst, vergasen sie dich.« »Die Reichen kommen fast nie ins Gefängnis, höchstens alle 10 Jahre mal einer. Das Gefängnis, das ist was für die Armen. Die Reichen haben die Gesetze auf ihrer Seite. Wenn man arm ist, hat man kein Recht zu stehlen, nur bestohlen und beschissen zu werden. Ja, ohne Probleme. Und solche Ärsche wie der stehlen uns unsere Kohle, unser Glück und unsere Würde, jeden Tag, ganz legal. Geschützt durch die Gesetze, die ihre Vorfahren eingeführt haben. Typen wie Robbespierre würden dem heutigen Frankreich guttun. Nicht solche Schlappschwänze wie die, die vorgeben uns zu regieren, aber das ist in diesem Land schon seit Jahrhunderten so. Heute sind die Leute zu lasch für eine Revolution. Das einzige, was geht ist die persönliche Rache. Wie meine. Und das wäre für alle nützlich.« »Die Menschen glauben sie sind frei, doch es gibt keine Freiheit. Es gibt nur Gesetze, die Unbekannte zu ihrem Wohl geschaffen haben.« »Es siegt oft das schlechte. Das ist wie bei Jesus. Er war nett. Sie haben ihn gekreuzigt. Und dann haben sich die lüsternen Pfaffen seines Symbols bemächtigt. Sie wollen, dass das Böse auf diesem Planeten regiert.« »Man glaubt, man ist in einer zivilisierten Welt, aber in Wirklichkeit ist man im Dschungel. Wenn du da überleben willst, gehörst du besser zu den stärkeren Tieren. Gehörst du zu den anderen, bist du ein Stück Wild und kannst dein ganzes Leben lang rennen, um deinen Arsch zu retten. Das ganze ist ein Lotteriespiel. Entweder du wirst arm geboren, nimmst die Macht der anderen hin und marschierst im Gleichschritt, weil man dich aber ständig erniedrigt, wirst du manchmal gewalttätig. Oder du wirst reich geboren, passt auf deine Kohle auf und tust so, als ob du deine Frau, deine Kinder und deine Freunde liebst, genauso wie sie vorgeben, dich zu lieben. Aber an dem Tag, an dem sich deine kleinen Spießbürgerträume in Luft auflösen und du deinen Brüdern, deinen sogenannten Freunden nichts mehr geben kannst, da tun sie sich alle zusammen, um auf dich einzutreten. Es geschieht ganz ohne Aufsehen, indem sie vorgeben, dir zu helfen. Sie warten nur darauf, um sich besser zu fühlen. Je größer dein Elend ist, je mehr du sie um Hilfe bittest, desto überlegener fühlen sie sich und treten zu!«[/color][/font][/size] [img]http://s3.imgimg.de/uploads/menschd3069248jpg.jpg[/img] [font=n][color=#939393]Sämtliche Zitate aus dem Film »Seul contre tous« von Gaspar Noé[/color][/font]

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